Am 24. November hat die Ampelkoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP ihren Koalitionsvertrag für die kommende Legislaturperiode vorgestellt. Unter dem Credo „Mehr Fortschritt wagen“ skizzieren die Koalitionspartner auf 178 Seiten die zukünftige Politik der Bundesregierung.
Selbständigkeit im Koalitionsvertrag
„Selbständige sind wesentlicher Teil unserer Gesellschaft und Wirtschaft. Nach der aktuellen Reform des Statusfeststellungverfahrens führen wir im Lichte der Erfahrungen einen Dialog mit Selbständigen und ihren Verbänden, um dieses zu beschleunigen und zu verbessern. Ziel ist, in der digitalen und agilen Arbeitswelt unbürokratisch Rechtssicherheit zu schaffen.“
So heißt es im Kapital „Respekt, Chancen und soziale Sicherheit in der modernen Arbeitswelt“ (S. 69). Im obigen Zitat wird deutlich, dass das Thema der Reformierung und Verbesserung des Statusfeststellungsverfahrens Eingang in die Koalitionsvereinbarung der Ampelparteien gefunden hat. Zudem wird ein erleichterter Zugang zu einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige und Gründerinnen und Gründer sowie eine Verlängerung der staatlichen Neustarthilfe angekündigt.
Soziale Absicherung Selbständiger
Ebenfalls findet sich im Koalitionsvertrag erneut die Thematik der sozialen Absicherung Selbständiger, auf Seite 75 heißt es:
„Wir entlasten Selbstständige dadurch, dass Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung oberhalb der Minijobgrenze nur noch strikt einkommensbezogen erhoben werden. Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen. Selbstständige sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, sofern sie nicht im Rahmen eines einfachen und unbürokratischen Opt-Outs ein privates Vorsorgeprodukt wählen. Dieses muss insolvenz- und pfändungssicher sein und zu einer Absicherung oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen. Bei jeder Gründung gilt jeweils eine Karenzzeit von zwei Jahren. Die geförderte zusätzliche private Altersvorsorge steht allen Erwerbstätigen offen.“
Digitale Plattformen
Auch der Themenbereich „Digitale Plattformen“ findet Erwähnung im Koalitionsvertrag. Auf Seite 72 werden Digitale Plattformen als Bereicherung der Arbeitswelt bezeichnet, auf denen gute und faire Arbeitsbedingungen wichtig seien. Dazu heißt es:
„In diesem Sinne überprüfen wir bestehendes Recht und verbessern die Datengrundgrundlagen. Dazu führen wir den Dialog mit Plattformanbietern, -arbeitern, Selbständigen sowie Sozialpartnern. Die Initiative der EU-Kommission zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf Plattformen begleiten wir konstruktiv.“
Darüber hinaus nimmt der Koalitionsvertrag an weiteren Stellen Bezug auf Selbständigkeit. So sollen „Förderprogramme und Investitionszuschüsse (…) vor allem für kleine und mittlere Unternehmen und Selbstständige deutlich einfacher zu beantragen und zu dokumentieren sein“ (S. 28) und durch die Vereinfachung von Abläufen und Regeln den Selbständigen mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben ermöglicht werden (S. 32 zum Bürokratieabbau).
Nächste Schritte: Der Koalitionsvertrag muss von den Parteitagen von SPD und FDP und Bündnis 90/Die Grünen in einem Mitgliedervotum gebilligt werden. Die SPD hält am 4. Dezember einen Parteitag ab, bei der FDP ist ein Parteitag für den 5. Dezember geplant. Die 125.000 Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen stimmen seit dem 26. November für 10 Tage in einer digitalen Urabstimmung über den Koalitionsvertrag sowie über das Personaltableau für die Besetzung der Ministerposten ab. Wenn alle Parteien zustimmen, könnte Olaf Scholz in der Kalenderwoche 49 vom Bundestag zum neuen Bundeskanzler gewählt werden, sodass der selbst gesetzte Zeitplan der Parteien eingehalten wird.
Der Koalitionsvertrag kann hier eingesehen werden.
Andere Verbände haben den Koalitionsvertrag ebenfalls analysiert, ihre Einschätzungen können unter den nachfolgenden Links abgerufen werden: