Plattformarbeitsrichtlinie im Rat verabschiedet

Am 11. März 2024 hat der Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz“ (EPSCO) überraschenderweise dem Kompromissvorschlag aus dem Trilogverfahren zur der Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit zugestimmt. Griechenland und Estland gaben ihre Enthaltung auf und stimmten für den Kompromiss, so dass nur Frankreich und Deutschland nicht zustimmten – laut Insidern in Brüssel ein bisher einmaliger Vorgang. Damit wurde das notwendige Quorum erreicht – und auch wenn in der Aussprache im Rat deutlich wurde, dass sich viele Staaten eine einheitlichere Regelung gewünscht hätten, war letztlich der Wille, das Verfahren nach über zwei Jahren und noch vor den Europawahlen zum Abschluss zu bringen, größer. Deutschland enthielt sich aufgrund von fehlender Einigung innerhalb der Ampelregierung in Berlin zum wiederholten Mal, sehr zum Bedauern des anwesenden Bundesarbeitsministers Hubertus Heil.

Dazu Carlos Frischmuth, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands für selbständige Wissensarbeit: „Wir hätten uns eine deutlichere Abgrenzung unterschiedlicher Formen von Selbständigkeit und eine eindeutige Definition für digitale Plattformen gewünscht. Dies haben wir auch bei der Anhörung vor dem Ausschuss  Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) des EU-Parlament deutlich gemacht. Die nun beschlossene Vermutungsregelung wird nicht dabei helfen, den Auftraggebern zusätzliche Rechtssicherheit zu geben – bei immer noch überbordender Bürokratie. Insofern teilen wir die Vorbehalte, die es hierzulande gegen diese Richtlinie gibt.“

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten der EU zur Einführung einer wirksamen widerlegbaren gesetzlichen Vermutung auf Bais nationaler Verfahren, die so im deutschen Arbeitsrecht bisher nicht vorgesehen ist. Damit drohen Europa ganz unterschiedliche nationale Ausprägungen bei der gesetzlichen Vermutung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie ihrer Widerlegung durch die digitale Arbeitsplattform.

„Unser Ziel, mehr Rechtssicherheit für selbständige Arbeit zu schaffen, wird so nicht erreicht. Im Gegenteil, die Verunsicherung dürfte erst einmal zunehmen – und das in einer Zeit, in der gerade Deutschland auf jeden wirtschaftlichen Impuls angewiesen ist.“ so Carlos Frischmuth weiter. „Daher fordern wir von der Bundesregierung noch in der laufenden Legislaturperiode materielle Anpassungen im Rahmen von agiler und moderner Arbeit zugunsten von selbständigen Wissensarbeitern – so, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde.“

Hier findet sich ein Mitschnitt der Ratssitzung: https://video.consilium.europa.eu/event/en/27379